Geologie Stuttgart 21 S21

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Talheim 21 trifft Schuttgart 21

Erschienen am 23.8.2014

von Ralf Laternser, Geologe

Geologen lieben Steinbrüche. Sie geben gerade in unserem eher "flachen" und überwachsenen Ländle meist die besten und umfassensten Einblicke in den geologischen Untergrund.

In der Regel dienen und dienten die Steinbrüche zur Gewinnung von Baumaterial verschiedenster Art. Doch bei vielen kleineren oder ungünstig gelegen Steinbrüchen ist irgendwann einmal Schluß und sie werden "aufgelassen". Diese Steinbrüche sind für Geologen dann oft besonders toll, denn neben einem (meist) ungestörten Studienobjekt entwickeln sich viele zu bemerkenswerten Biotopen.

Doch diesen herrlichen Altbrüchen droht sehr oft das gleiche Schicksal: Sie sollen aufgefüllt werden. Dies ist sogar gesetztlich festgelegt, wobei diese Gesetz sicher zu einem großen Teil auf den ungeheuren Abraummengen in Deutschland und den damit direkt verbundenen glänzenden Profitaussichten der Besitzer beruht. Das Auffüllen von Steinbrüchen ist ein Riesengeschäft - einfacher kann man mit Dreck kaum Geld verdienen!

Und allein für Stuttgart 21 sollen 18 Millionen Tonnen Aushub durch Deutschland transportiert und dann deponiert werden.

Deshalb waren die Besitzer Altbrüchen oder informierte Spekulanten im Vorfeld von Stuttgart 21 schwer aktiv. Sie wussten dass man sich an Millionen Tonnen Dreck eine "goldene Nase" verdienen kann und ahben den Markt für Steinbrüche längst sondiert ! Denn bei Stuttgart 21 handelt es sich halt nicht "nur um einen engen und schrägen Bahnhof " von lediglich  600m Länge - nein: Geplant sind 60 km Tunnelröhren, ein Flughafenbahnhof für rund 1 Milliarde €, Bahnbrücken, mehrere flächenfressende Abstellbahnhöfe, die kolleterale Umsetzung großer unterirdischer Stadtbahnhaltestellen und unzählige weitere Bahnstrecken in Stuttgart. Von den bisher meist von landesnahen Unternehmen hochgezogene "Investoren"klötzen auf angeblich für private Investoren (Spekulanten?)so attraktivem Bauland ganz zu schweigen.

Auszug aus den Projektseiten zu Stuttgart 21 der Bahn AG

Ein gute Beispiel ist der alte Gipsbruch in Altingen, der bisher für die Ammerbucher Bauwirtschaft tabu war [->Artikel im Schwäbsichen Tagblatt]. Gute Beziehungen und das dahinter stehende behördliche Wohlwollen haben diesen Steinbruch rechtzeitig zur lukrativen Erdeponie werden lassen. Dabei muss man wissen, dass der potenteille Abraum aus gipshaltigen Stuttgarter Gesteinsschichten nach den Bestimmungen der LAGA [-> PDF] als Sonderabfall der Klasse Z2  zählt - und natürlich gipshatige Steinbrüche hierfür besonders geeignet sind. Um die 20 Euro pro Tonne sind ein sicherer Gewinn für wenige Profiteure.

All dieser Abraum soll in Stuttgart erbuddelt werden. Angeblich 18 Millionen Tonnen mit Baulärm, Verladelärm, Staub, Dreck und Verkehrsbehinderungen.

http://www.schaeferweltweit.de/blog/wp-content/uploads/2014/02/Rodung_Schlossgarten_01.jpg

Vorbereitet durch rücksichtslose Wasserwerfereinsätze [-> LINK zur Dokumentation], großflächige Abholzungen altehrwürdiger zentraler Parkanlagen und dem Schleifen von idenditätstiftenden, denkmalgeschützenem Bauwerken und Stadtansichten.

Dietrich Wagner, von einem Wasserwerferstrahl schwer verletzt Foto: dpa

Der enorme Widerstand gegen dieses Großprojekt ohne das Stuttgart angeblich " vom internationalen Fernverkehr abgehängt werden würde" und die "Zukunftfähigkeit des Wirtschaftstandorts Deutschland gefährdet wäre" regt sich nur in zweiter Linie gegen die unglaublichen Belastungen durch das Geschäft mit dem Abraum - er wendet sich vor allem gegen die politische Willkür und Filzwirtschaft die mit nachweislich falschen Behauptungen einen angeblichen Verkehrskollaps des heutigen Hauptbahnhofs vorgaukelt und der zu Beschlusszeiten angeblich sicheren Eigenfinanzierung durch Verkaufserlöse . Der Profit für wenige, insbesondere die Bau- und Steinbruchindustrie, ist jedenfalls enorm. Ok, es gibt wie immer wenn man Milliarden ausgibt, Arbeitsplätze (oft bei Sub- und Sub-Subfirmen) - doch diese Milliarden würden auch ohne weiteres anderswo und flächendeckend bei nachhaltigem Einsatz problemlos Arbeistplätze schaffen.

Die Menschen auf dem ruhigen, wohlgeordneten und idylischen Land fühlen sich bis heute tradionsbewusster und den alten Werten verpflichtet. Die politische Landkarte außerhalb weniger Großstädte in Baden-Württemberg hat durchgehend die Farbe der Befürworter von Stuttgart 21 . "Gut für die Wirtschaft" und "Arbeitsplätze" und "radikale Parkschützer" als Argumente ziehen hier immer. Mehr braucht man (und konnte man oft auch nicht wissen). Kritik oder genauere Details waren nicht wichtig- zumals wenn sich der Dreck bei uns in Stuttgart abspielt und daheim alles in Ordnung zu sein scheint. In so einem Umfeld mach eine landesweite Volksabstimmung immer Sinn.

Doch was passiert wenn einen die Realität einholt und der geringe eigene Informationsstatus sich rächt - es passiert Talheim21!

In einer bisher zufrieden und wohlgeordneten kleinen schwäbsichen Gemeinde geht es plötzlich sehr ruppig und gar nicht ländlcih geordnet zu. Der alte Steinbruch soll mit Stuttgart 21-Abraum verfüllt werden.  Laster für Laster  - und das mindesten 5 Jahre. Die Planung für diese lukrative Geschäft laufen wohl schon länger - doch erfahren haben es die Bürger erst kürzlich. Die Wut (Wutbürger?) und der Protest in Talheim ist groß über den Arbeitsplätze und "Zukunft" schaffenden Auswirkungen des einst überwältigend mehrheitlich volksabstimmungsbefürworteten Weiterbaus.  Sehr gut ist, ist dass die Bürger sich jetzt organisieren - ganz wie das große Vorbild in Stuttgart (Parkschützer) - und dass Sie auch den passenden Namen "Talheim 21" für ihre Bürgerinitiative gewählt haben.

Sehr enttäuschend jedoch ist, das diese BI sich wohl überwiegend aus rein egoistsichen Antrieb formiert hat.

Es geht nur um Talheim und seine ungestörte Ruhe. Was uns Stuttgartern passiert  bzw. was wir wenn es wirklich ernst wird noch alles zu erdulden haben, schien und scheint den Talheimern in ihrem "Idyll" völlig wurscht. Kein böses Wort über das Projekt das Baden-Württemberg seit Jahren tyrannisiert und unglaublich viel Geld und menschliche Energie für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung vergeudet.

Aber unreflektierte Fortschrittsglaube auf die Kosten Anderer geht halt meist nur so lange gut bis es einen selber trifft!

Ich bin deshalb hin und her gerissen, ob ich es denn Talheimern schadenfroh gönnen soll, das  sie jetzt den Dreck haben. Doch ich gönne das niemanden und hoffe, das in Talheim der nächste Schritt vollzogen wird und endlich auch das gesamte desatröse und nachhaltige verheerende Projekt Stuttgart 21 hinterfragt wird. Die logische Folge wäre Solidarität miteinander und der gemeinsame Widerstand gegen das unsinnige Stuttgart 21 und damit natürlich auch gegen Talheim 21.

Um sich zu informieren gibt es übrigens umfassende Möglichkeiten, den wir in Stuttgart haben dazu schon einiges geschafft.

http://www.alle-gegen-s21.de/

Auch wären alle Fachgruppen sicherlich bereit auf Wunsch offene Informations - und Diskussionsveranstaltungen für interssierte Aüffüllungsgener zu halten - Vorort im Talheim- oder bei uns auf der angeblichen Großbaustelle. Hier genügt ein kurzer Kontakt so etwas ins Rollen zu bringen.

http://www.ingenieure22.de/

Übrigens gab es z.B. vor kurzem einen Vortrag in Mössingen [-> LINK auf Videodokumentation von cams21]

 

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Dr. Ralf Laternser - Diplom-Geologe - Stuttgart