Geologie Stuttgart 21 S21

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Neue Mineralwasserströme

Geologische Schwierigkeiten im Neckartal

Erschienen am 01.04.2003

Bisher hat ich mich auf den Schlossgarten konzentriert, doch seit ca. 2 Wochen habe ich neue Informationen von den Geologen Robert Prestel und Wilhelm Schloz:

Die hydrogeologischen Ergebnisse der Thermalwasserbohrung in den oberen Muschelkalk für das Merkel'sche Bad in Esslingen
Ergebnisse der Bohrung und Grundwassermessstelle Scharnhausen

Dann kam dieser Artikel im Stern hinzu: Verschärfte Sorge um Heilquellen

Die geologischen Schwierigkeiten im Schlossgarten haben einen großen Bruder im Neckartal bekommen:

Die Neckarunterfahrung durch zwei sich kreuzende Tunnel bei Wangen!

Lest vor allem mal das Stern-Interview. Hier ist die Gefahr einer dauerhaften Mineralwasserschädigung enorm - geradezu zwangsläufig.

Denn die Fachpublikation (der erste Link) weisen darauf hin das große Mengen des Mineralwassers von Süden kommen. Viel viel mehr als die "Experten" der Stadt bisher vermutet haben (und zur Berechnung des Grundwassermodels herangezogen haben !!).

Die Ausgangsdaten für die Berechnung des Grundwassermodels vom Landesgutachter Wasserwirtschaft Herrn Kobus sind also schlichtweg falsch.

Das der Zufluß aus Süden weit stärker war wurde von Experten des Geologischen Landesamtes schon lange vermutet, doch das Regierungspräsidium unter Andrioff und das Amt für Umweltschutz der Stadt Stuttgart ignorierten diese Einwände ohne sie ernsthaft (z.B. mit Bohrungen) zu prüfen.

Der "Schutzpatron der Heilquellen" Herr Schuster duldete noch nie Einwände gegen sein perverses Projekt!

Kurze fachliche Analyse

Diese neueren Veröffentlichungen sind sehr hoch zu bewerten. Offenbar trägt der Mineralwasserstrom aus dem Südwesten Wasser geringer Mineralisierung, der aus dem Südosten Wasser hoher Mineralisierung.

Nur ein solches Modell erklärt, warum es in Cannstatt verschiedene Sorten von Quellen und Heilwasser gibt. Das bisher offiziell vertretene Modell trägt hier zur Erklärung zu wenig bei.

Die Folgen

Wenn die bisher von der Stadt vertretenen Strömungsmodelle für das Mineralwasser falsch sind, dann sind auch alle Vorarbeiten in die folgenden Richtungen falsch:

1. Erkundung und Einteilung der Heilquellen-Schutzgebiete
2. Planungen und vorplanerische Überwachungsergebnisse
3. Alle Ergebnisse, die zur Planfeststellung herangezogen wurden. Danach scheint das gesamte Planfeststellungsverfahren mittlerweile überholt, soweit es um die Belange der Heilquellen geht.

Diese neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse dürfen in der Öffentlichkeit nicht ignoriert werden. Genau daran werden wir in den nächsten Tagen intensiv arbeiten.

Kritische Betrachtung des Projekts Stuttgart 21 im Bezug auf die neuen Erkenntnisse der Mineralwasserströme im Untergrund durch den Geologen Martin Schaffer: Offener Brief [pdf]

KO-Kriterium: Gefährdung des Mineralwasser

„Wenn wir bei einer objektiven Bewertung herausfinden sollten, dass das geplante Grundwassermanagement nicht ausreicht, dass die Tunnelbauten diesen Naturschatz gefährden würden, dann hätten wir eine neue Faktenlage. Für mich wäre die konkrete Gefährdung unseres Mineralwassers ein absolutes K.O.-Kriterium für Stuttgart 21."

Zitat OB Wolfgang Schuster, Frankfurter Rundschau 9.10.2010

Zu den Äußerungen noch eine Stellungsnahme des Umweltministeriums unter Gönner die ich erhalten habe:

"Der Hintergrund des offenen Briefes des Herrn Schaffer, hat aber tatsächlich keinen Neuigkeitswert....

...Der Schutz der Heilquellen war außerdem ja auch Gegenstand in den Schlichtungsgesprächen und wurde dort sehr ausführlich thematisiert."

Aber nun zum Sachverhalt

Der Anfang März beim Ministerium eingegangene offene Brief wurde pauschal an zahlreiche Adressaten (Bundeskanzlerin Merkel, BMV Ramsauer, BMJ Leutheusser-Schnarrenberger, Bahnvorstand Grube, MP Mappus, UM Gönner, JM Goll, OB Schuster, Bau BM Hahn) versandt.

Eine fachliche Bewertung des dem Schreiben zu Grunde liegenden Sachverhalts ist bei uns im Haus erfolgt, wenngleich die Stadt Stuttgart (Schwerpunkt Heilquellenschutz) wohl darauf reagieren wird. Die Bewertung lässt sich in der gebotenen Kürze wie folgt zusammen fassen: Der Verfasser, Herr Schaffer, bezieht sich in seinem Schreiben hauptsächlich auf die Nr. 2 seines Quellenverzeichnisses „Die hydrogeologischen Erkenntnisse der Thermalwasserbohrung in den Oberen Muschelkalk für das Merkel’sche Bad in Esslingen am Neckar“ von Dr. Ruppert Prestel und Dr. Wilhelm Scholz vom LGRB aus dem Jahr 2009.

Herr Schaffer geht davon aus, dass die daran beschriebenen Erkenntnisse über die Zuflüsse und Entstehung der Stuttgarter Heilquellen neu sind und nicht bei der Planung berücksichtigt wurden. Er befürchtet erhöhte Risiken für den Schutz des Heilquellenwassers.

Dr. Prestel ist der Vertreter des LGRB beim Arbeitskreis Wasserwirtschaft (AWW). Seine gewonnen Erkenntnisse aus der Merkel`schen Bohrung sind in den Arbeitskreis und somit in die Grundwassermodellierung mit eingeflossen: Mit den unterschiedlichen Modellansätze von LGRB und AfU wurden Alternativszenarien untersucht, mit dem Ergebnis, dass die divergierenden hydrogeologischen Vorstellungen sich nicht entscheidend auf das lokale Strömungsgeschehen und die Wasserbilanzen auswirken.

Auch ist man sich im AWW einig darüber, dass der Tunnel bei Wangen/Untertürkheim zwar die dichte, trockene Gipsschicht durchfährt, aufgrund der starken Unterfahrung des Druckspiegels jedoch Vorsicht in Bezug auf mögliche Störungen der Gipsschicht geboten ist. Bereits im Planfeststellungsverfahren wurde dieser Eventualität durch entsprechende Vorsorgemaßnahmen (Vorauseilende Erkundungsbohrung, Handlungskonzepte) Rechnung getragen.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die von Herrn Schaffer vorgebrachten Punkte dem AWW bekannt und in die Untersuchungen mit eingeflossen sind und für die Bauausführung bzw. nach Fertigstellung berücksichtigt wurden.

 

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Dr. Ralf Laternser - Diplom-Geologe - Stuttgart