Geologie Stuttgart 21 S21

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Vernichtende Analyse für das geplante Grundwassermangement von Stuttgart 21

Gutachter erstellt vernichtende Analyse für das geplante Grundwassermangement von Stuttgart 21

Erschienen am Inkompetenz und Gemauschel: Vernichtende Analyse für das geplante Grundwassermangement von Stuttgart 21

Wusstest du, das nach den neuen Berechnungen zu Grundwassermanagement die Gesamtmenge für den Tunnelbau nach Untertürkheim auf knapp 7000 Kubikmeter reduziert wurde - und diese Menge dann schon alleine bei einem "überraschenden" Grundwassereinbruch im bekannt hohlraumreichen ausgelaugten Gipskeuper schon nach 3 Tagen übertroffen wurde.

Gutachter des BUND erstellt vernichtende Analyse für das geplante Grundwasser-Mangement der Deutsche Bahn AG für Stuttgart 21

 

Am Tage vor der (inhaltlich völlig ungenügenden) Fortsetzung der Erörterungsverhandlung des Regierungspräsidums Stuttgart zur beantragten (letzendlich unbegrenzten) Erhöhung der Grundwasserentnahmemengen durch die Deutsche Bahn AG  für Stuttgart 21 bringt Geologie21 folgende Einstimmung zum Thema.

 

Nach dem "überraschenden"  Mehr an Grundwasser, das für das Immobilien-Projekt Stuttgart 21 über Jahre in einem einmaligen innerstädtischen Pilotprojekt kostenintensiv abgepumpt, umgewälzt und aus Sicherheitgründen (Gebäudesicherheit, Mineralwasser-Quellen)  wieder in den Untergrund  eingepresst werden soll (sog. Grundwasser-Mangement) kam es beim ersten Erörterungstermin im September 2013 zu einem heftigen fachlichen Schlagabtausch der Fachleute von Bahn und Land - und dem Sachverständigen des BUND Dr. Lueger. Hierauf fand in der Zwischenzeit ein Austausch der Argumente über das Regierungspräsidum Stuttgart in Form von Stellungnahmen statt, deren Inhalt auf den Seiten der Behörde nun veröffentlicht wurde [LINK].

 

Hier die abschließende Zusammenfassung der Erwiderung von Dr. Lueger auf die Stellungsnahme der,  der öffentlichen Erörterung nachfolgenden Stellungsnahme der Bahn AG bezüglich der in der Erörterungsverhandlung erhobenen grundsätzlichen Kritikpunkte von Dr. Lueger:

 

Zusammenfassung

"Die Herleitung des Einflusses von Hochwässern auf den Neckarwasserspiegel im Modell ist nicht nachvollziehbar und nicht überprüfbar.

Die Vorgangsweise bei der Modellierung des Austauschs zwischen Grund? und Oberflächen mittels Leakage-Koeffizienten führt zu Werten, welche grundsätzlich nicht nachvollzogen oder überprüft werden können. Sie haben keine Entsprechung in der Wirklichkeit, sind frei erfunden und in wissenschaftstheoretscher Hinsicht metaphysisch. Diese Aussage gilt auch für den ohne Bezug auf Messungen modellierten Zufluss aus dem Grundwasser in die Kanäle. Der als „Drainagerandbedingung“ modellierte Grundwasserzufluss zu den Kanälen beruht auf einem logischen Fehler (Zirkelschluss!) und auf Leakagefaktoren, die in der angewendeten Form metaphysisch sind.

Die instationären Wasserbilanzen für den Muschelkalk und das Festpotenzial Feuerbach zeigen nahezu durchgehend gegenläufige Zu- und Abflüsse. Ein solches Fließverhalten erscheint unplausibel und ist möglicherweise ein Artefakt der Modellierung. Eine Kalibrierung oder Überprüfung der Grundwasserneubildung ist aufgrund der angewendeten Methodik („Speicherzellenmodell“) nicht möglich. Die Nachbildung der vertikalen Grundwasserbewegungen erfolgt anhand von „Leakagefaktoren“ , welche in der modellierten Form grundsätzlich nicht nachvollzogen oder überprüft werden können. Sie haben keine Entsprechung in
der Wirklichkeit und sind in wissenschaftstheoretischer Hinsicht metaphysisch.


Der sogenannte Langzeitpumpversuch wurde vor Erreichen eines stationären Strömungszustandes beendet. Er fand unter irregulären Bedingungen (starke Luftdruckschwankungen, nicht näher beschriebene „Sekundärbeeinflussungen“) statt, was eine regelrechte Auswertung verhinderte. Der Versuch wurde vor Erreichen aussagekräftiger Ergebnisse abgebrochen Die modelltechnische Nachbildung des Langzeitpumpversuchs erfolgte anhand stationärer mittlerer hydrologischer Verhältnisse, obwohl aktuelle Daten über den instationären Systemzustand zur Verfügung standen. Aus diesem Grund konnten nur die Veränderungen der Grundwasserstände und Quellschüttungen, nicht aber deren Absolutwerte beurteilt werden. Eine nachträgliche Nachbildung des Pumpversuchs ist möglich und zu fordern, weil die Daten des instationären Systemzustands vorliegen. Die berechneten Grundwasserstandsänderungen weichen an den Messstellen der Gemeinsamen Datenbasis um durchschnittlich 91% von den gemessenen ab. An den Berger Quellen wurden die definierten Genauigkeitsanforderungen verfehlt. Die Quellschüttungsrückgänge wurden unter „Berücksichtigung einer Sekundärbeeinflussung“ kleiner angegeben, als tatsächlich
gemessen. Rückschlüsse auf die baubedingten Quellschüttungsminderungen sind aufgrund dieser Pumpversuchsergebnisse nicht möglich.

Dem Modell liegen auf allen Ebenen zahlreiche tatsachenwidrige und unrealistische Eingangsdaten zugrunde. Schon allein aus diesem Grund ist das Modell unbrauchbar und nicht in der Lage, die Auswirkungen der baubedingten Maßnahmen zutreffend vorherzusagen.

Die hydrologischen Eigenschaften der geologischen Störungen sind den Modellbearbeitern bisher nicht bekannt und haben in das Modell keinen Eingang gefunden. Störungen und Dolinen wurden im Modell nicht adäquat berücksichtigt.Die Verfasser der kup?Stellungnahme verstehen offenbar unter den Begriffen „Sensitivitätsanalyse“, „Sensitivitätsstudie“ etc. etwas anderes als das DVGW?Arbeitsblatt W 107. Die angeführten Maßnahmen erfüllen nicht die im DVGW?Arbeitsblatt W 107, Pkt. 7.2.5 Verifikation (Validierung) gestellten Anforderungen. Das Behördenmodell ist nicht nach dem Stand der Technik validiert.

Die Voraussetzungen für einen Verzicht auf eine Validierung gemäß DVGW?Arbeitsblatt W107, Pkt. 7.2.5, sind nicht gegeben. An einer überwiegenden Anzahl der Grundwassermessstellen und Quellen im gesamten Modellgebiet erfüllen die Modellergebnisse die geltenden Genauigkeitsanforderungen nicht. Der Versuch der Verfasser der kup?Stellungnahme, die definierten Genauigkeitsanforderungen nachträglich zu relativieren und durch andere, nicht näher bezeichnete Qualitätsmaßstäbe zu ersetzen, ist als Eingeständnis des Scheiterns zu werten.

Aufgrund unrichtiger Modellannahmen und Eingangsdaten sowie der daraus resultierenden vielfachen Nicht?Erfüllung der Genauigkeitsanforderungen ist auch die Prognosefähigkeit des Modells nicht gegeben. Angesichts der teils massiven Diskrepanzen zwischen dem Modell des Vorhabensträgers und dem „Behördenmodell“ steht die Aussagekraft der Prognosen insgesamt in Frage. Sie können keinesfalls als belastbare Grundlage für das geplante Grundwassermanagement angesehen werden.


Das Behördenmodell ist zur Prüfung des Modells des Vorhabensträgers unbrauchbar."



Dr. Josef Lueger

 

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Dr. Ralf Laternser - Diplom-Geologe - Stuttgart