Geologie Stuttgart 21 S21

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Die Rede des Geologen Dr. Ralf Laternser auf der 121.Montagsdemo

Politik der vertrockneten Erde

Erschienen am 2.5.2012

Herzlich Willkommen zur 121 Montagsdemo

Jetzt hat die Zahl der Mo-Demos die Zahl der Risiken von Hany Azer erreicht

Hany Azer - hat einst in einem internen Dossier 121 Risiken aufgeführt.

Azer hat allein 48 Risiken mit 1, 2 Millarden Euro Mehrkosten aufgeführt. Die restlichen 73 Risiken wurden nach einer bahninternen direktive einfach nicht finaziell  bewertet.

 

Besonders groß sind vor allem die geologischen Risiken bei Stuttgart 21 dich ich heute einmal auflisten möchte.

Die geologischen Risiken sind deshalb so hoch weil bei S 21 eine Stadt einem Bahnhof angepasst werden soll - und nicht ein Bahnhof einer Stadt

Die größten geologischen Risiken sind:

1) Eine stark wechselhafter geologischer Untergrund

2) Besonders brüchiger Untergrund (Verwerfungen) und Dolinen in den Gesteinsschichten

3) Vielfach ungeklärte und schwer zu erfassende Grundwasserströme

4) Verschmutzung des Mineralwassers durch die geplante Bautätigkeit

5) Verschmutzung des Mineralwassers durch bestehende Altlasten

6) Rückgang der Mineralwassermenge

7) Unkontrollierter Durchbruch des Mineralwassers aus dem Untergrund

8) Ein dauerhafter Grundwasserstau im Nesenbachtal durch den geplanten, bis 9 m über die Oberfläche ragenden Tiefbahnhof quer zum Grundwasser-Strom liegenden

9) Eine dauerhafte, nicht rückgängig zu machende, Veränderung der Grundwasser-Druckverhältnisse im Untergrund

10) Anhydrit - Quellungen bei den geplanten Tunnelabschnitten

11) Setzungen bei privaten und öffentlichen Gebäuden

12) Hangrutschungen am Ameisenberg

 

Das sind die die wichtigsten geologische Risiken - und die auch vermeintlich teuersten Risiken von Stuttgart 21 insgesamt

Ständige Umplanungen und sehr schleppende bis fehlende Auftragsvergaben für die entsprechenden Bauabschnitte nach nunmehr 15 Jahren bestätigen diese Risiken eindrucksvoll.

Wer diese Risiken kleinredet oder gar verschweigt - täuscht die Bürger

Die Kosten, der Lärm und die Gefahr für Gesundheit, Eigentum und die natürlichen Schätze unser Stadt tragen nämlich alleine wir Bürger

 

Das heutige Motto lautet: Politik der vertrockneten Erde

Bei vertrockneter Erde denken viele von uns wohl zwangsläufig an den Schlossgarten und die übrigen Bäume

 ....und an das deutschlandweit einmalige Stuttgarter Mineral - und Heilwasser

Für mindestens 250 Millionen € soll durch ein sogenanntes Grundwasser-Management Grundwasser hin und her gepumpt werden

 

3,0 - 6,2 jetzt auch 14 -18 Millionen Kubikmeter - die Zahlen haben sich verdoppelt und sind bis heute nicht sicher !

Auf jeden Fall kostet dabei jeder Kubikmeter bis 30 € - jeder weitere auch !

Das GWM ist also nicht nur geologisch sondern auch finanziell ein besonders großes Risiko und es besteht vor allem nach wie vor kein genehmigter Antrag für seine Durchführung

Grund hierfür ist die schwierige und sehr wechselhafte Geologie Alle Grundwassermodelle sind mit einen großen Interpretationsspielraum behaftet. Die tatsächlichen Grundwasserströme entziehen sich bisher der genauen Berechnung.

Vor allem kann keiner voraussagen, wie sie auf die geplanten Eingriffe reagieren werden.

Was sagte der Chef-Geologe der Bahn bei der Erörterung zum Fildertunnel:

"Ob das Grundwasser-Management funktioniert wird sich erst im Betrieb zeigen"

Ob das Grundwasser -Management funktioniert ist also nicht klar - das GWM ist ein riesiger, riskanter und sündhaft teurer Pilotversuch in unserer Stadt.

 

Ein so komplexes und großräumiges System ist einfach nicht sicher zu erfassen und es bleibt ein unkalkulierbares Risiko.

Und ob sich das Risiko lohnt für einen um 30 % leistungsschwächeren Bahnhof für unzählige Milliarden darf jeder gern für sich selbst überlegen.

Die Genehmigung wurde jedenfalls für einen doppelt so leistungsfähigen Bahnhof erteilt.

 

Ein neuer Antrag für das GWM ist nach Jahrzehnten der Vorbereitung im Moment also immer noch nicht eingereicht.

Nach der besorgniserregenden Verdoppelung der ab zu pumpenden Wassermenge ist also immer noch völlig unklar wie viel jetzt eigentlich abgepumpt werden soll

Für die Planung, Überprüfung und Genehmigung der Eingriffe in das Heilquellenschutzgebiet sind bis heute die gleichen Fachleute verantwortlich, die schon die 3 Millionen Kubik von 2005 als absolut zu verlässlich eingestuft haben.

In der Stuttgarter Zeitung stand letzten Samstag zu lesen:

Bei einem Treffen von Vertretern des Amts für Umweltschutz, der DB Projektbau sowie des Umweltministeriums und des Regierungspräsidiums im Rathaus sei nicht über Details des Änderungsantrags gesprochen worden, hieß es. Die Experten haben dem Vernehmen nach die Grundwasserentnahme aber generell als technisch machbar bewertet."

Das heißt also : Ohne die Daten zu kennen wurde einer unbekannten Grundwassermenge  schon im Voraus die Absolution erteilt !

Die angekündigte Fachaufsicht des Umweltministerium beschränkt sich auf die Aussagen und Gutachten der immer gleichen Fachleute.

Wir kritische Geologen und Ingenieure haben das Umweltministerium vor den großen Unsicherheiten - und den damit verbunden Risiken für das Mineralwasser gewarnt.

Durch die kurzfristige Rücknahme des letzten Wasserechtsantrages durch die Bahn dieses Jahr und die abermalige rechnerische Optimierung im stillen Kämmerchen durch die DB sehen wir uns bestätigt.

Wir sehen nach wie vor eine mögliche Unschärfe in den berechneten Grundwassermengen weit über dem Restrisiko für das gefährdete Mineralwasser.

 

Und die Erkundung des Stuttgarter  Grundwassersystems ist in Wirklichkeit noch lückenhaft - wie aktuelle städtische Programme (MagPlan) zur Altlastenerkundung beweisen - denn das letzte, das 5. Bohrprogramm der Bahn wurde schon 2004, also noch vor der Planfeststellung abgeschlossen. 

Ein funktionierendes Grundwasser -Management zur Sicherung des Stuttgarter Mineralwasservorkommens galt und gilt als die Grundvoraussetzung für die Genehmigung von Stuttgart 21.

Die deutlich sichtbaren Schwierigkeiten beim Grundwassermanagement seit mehr als ein Jahrzehnt sollten die Verantwortlichen von Stadt und Land alarmieren. Von Sicherheit für das Mineralwasser kann bis heute noch keine Rede sein !

Man darf die Sicherheit des Mineralwassers nicht leichtfertig der Bahn überlassen.

Stadt und Land müssen dringend eine zeitnahe Aufklärung von der Bahn fordern - denn sämtliche Risikobewertungen wurden auf der Grundlage von völlig unzureichenden Grundwassermodellen und veralteten Bohrprogrammen gemacht.

Eine grundlegend neue Planfestellung wäre die sicherste Lösung um das einmalige Stuttgarter Mineralwasser dauerhaft und nachhaltig vor den kurzfristigen Gewinninteressen der Bahn zu schützen.

 

Wenn man bei einer objektiven Bewertung herausfinden sollte, dass das geplante Grundwassermanagement nicht ausreicht, dann hätten wir eine neue Faktenlage. Für mich wäre die konkrete Gefährdung unseres Mineralwassers ein absolutes K.O.-Kriterium für Stuttgart 21.

 

 

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Dr. Ralf Laternser - Diplom-Geologe - Stuttgart