Geologie Stuttgart 21 S21

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Erörterung - Die geologische Analyse: Bericht 2 Bahnhofsturm

Bemerkenswerte geologische Analysen zu geologischen Sachverhalten bei der neu angesetzten Erörterung zur Planänderung „Grundwasser-Mengenerhöhung“ vom 9-13. September durch Dr.(geol.) Ralf Laternser

Erschienen am 24.9..2013

Die Erörterung – oder bemerkenswerte geologische Analysen zu geologischen Sachverhalten bei der neu angesetzten Erörterung zur Planänderung „Grundwasser-Mengenerhöhung“ vom 9-13. September durch Dr.(geol.) Ralf Laternser:

 

Bericht 2:  Die Gründung des des Stuttgarter Bahnhofsturms

 

Bahnhofsturm hinter dem seit Februar 2012 geräumten und abgeholzten ehemaligen Mittleren Schloßgarten [Wikipedia: LINK]

 

„Der Stuttgarter Bahnhofsturm mit seinem charakteristischen, fast fünf Meter großen Mercedes-Stern auf dem Dach, gehört zu den bedeutendsten Wahrzeichen der Stadt. Der Turm wurde im Jahr 1916 fertiggestellt, man errichtete ihn auf insgesamt 288 Pfeilern, die rund 11 m tief in den Boden eingelassen wurden. Eigens für König Wilhelm II. erstellte man im Inneren des Turms einen eigenen Wartesaal, außerdem war im obersten Stockwerk ein Restaurant untergebracht.“

( Auszug aus www.stuttgart-informationen.de [LINK])

 

Das der Stuttgart Bahnhofsturm ein Wahrzeichen ist, welches vielen Stuttgartern sehr am Herzen liegt ist unbestritten. Auch das der Turm einst in geologisch sehr wechselhaften und grundwasserreichen Nesenbachtal-Ablagerungen gegründet wurde ist allgemein bekannt. Sehr umstritten ist jedoch bis heute, im Zusammenhang mit den geplanten erheblichen Eingriffen in das Grundwasser des Nesenbach-Tals für die geplante Verkleinerung und Leistungsminderung des Stuttgarter Hauptbahnhofs durch das Projekt Stuttgart 21 [LINK], auf welcher Art von Pfählen der Turm einst gegründet wurde.

Hierzu zwei aktuelle Berichte aus den beiden großen Stuttgarter Zeitungen [Stuttgarter Zeitung: [LINK1/LINK2]; Stuttgarter Nachrichten [LINK])

 

Die Art der verwendeten Pfähle  ist für die geplanten umfangreichen Eingriffe in das Grundwassersystem von erheblicher Bedeutung, da bei einer Gründung des Bahnhofsturms auf Eichenpfählen, das gesamte Konzept von den genehmigenden Behörden und dem Landesgutachter Wasser des landes Baden-Württembergs grundsätzlich in Frage gestellt würde. Die Pfähle dienen bautechnisch dazu, die weichen und wasserhaltigen Talablagerungen zu "überbrücken" um den Turm auf tiefer liegenden, tragfähigen Gesteinsschichten zu gründen. Das Problem etwaiger Eichenpfähle liegt in ihrer Anfälligkeit zum Verrotten an der (Boden-)Luft bei Entzug von Wasser durch eine Grundwasserabsenkung. Venedig wurde einst in der Lagune zum Beispiel auch auf Eichenpfählen errichtet, die unter Wasser sehr lange ihre Tragfähigkeit behalten.

Die Deutsche Bahn AG behauptet anhand von einer verschiedenen Quellen sicher die Vewerwendung von Eisenbetonpfählen nachweisen zu können:  Eine Fundamentberechnung aus dem Jahre 1914 und eine Sekundärquelle aus einer Fachzeitschrift aus dem Jahre 1922 [LINK]. Nach wissenschaftlichen Kriterien kann so etwas jedoch nicht als Beweis akzeptiert werden, da eine Berechnung im Vorfeld oder eine Sekundärquelle (Bauzeitschrift 6 Jahre nach Erstellung) ohne Verweis auf Originaldokumente der Bauausführung oder – Dokumentation letztendlich keinen wissenschaftlcihen Nachweis darstellen. Jeder kann sich vorstellen, wie bei z.B. beim Spiel „Stille Post" schon vergleichsweise rasch aus Eichenpfählen Eisenpfähle werden.

 

Auch die Kritiker des Bahnhofrückbaus verweisen ebenfalls auf „Beweise“ durch andere Sekundärdokumente (Präsentation bei der Erörterung vom September 2013: [LINK]; Rede Dipl.-Ing. Heydemann [LINK].

 

Auch ich habe eine Sekundärquelle aus einem geologischen Gutachten der Firma Smolcyk und Partner der Stuttgart 21-Planungsunterlagen vorzuweisen in welcher explizit von Eichenpfählen gesprochen wird:

 

 

Um diese gegensätzlichen Behauptungen zu überprüfen und letztendlich zu verifizieren helfen nur Dokumente der Bauausführung oder -dokumentation – und wenn diese fehlen ist das „Nachschauen“ vor Ort die einzige und einfachste Lösung!

 

Im Falle des Stuttgarter Bahnhofsturm wäre dies ohne Schwierigkeiten möglich und würde nach Angaben des BUND bei der Erörterungsverhandlung vom 9-13.9.20013 nur ca. 2000 Euro kosten. Der Streit wäre also relativ einfach und kostengünstig beigelegt.

 

Zusätzliche Brisanz bekommt das Thema Bahnhofsturm-Gründung durch die aktuelle Entdeckung eines deutlichen Risses in der Fassade des Turmes. Für eine Analyse der Schadensursache und der möglichen weiteren Folgen durch die geplanten Grundwasserabsenkung über mindestens 7 Jahre wäre ein wissenschaftlich eindeutige Ermittlung zwingend notwendig.

 

 

Riss im Bahnhofsturm

 

Zudem hat der Sachverständige des BUND, der Geologe Dr.Lueger bei der jüngsten Erörterung darauf hingewiesen, dass die Äüßeren, nach den Plänen der Bahn AG, schräg angeordnetet Pfähle (siehe Screenshot unten) für  die Aufnahme seitliche Zugkräfte ausgelegt wurden. Bei einer Grundwasserabsenkung könnte die Eisenbewehrung dieser vermeintlichen Betonpfähle rosten und somit die Pfähle ihre geplante Trage-Funktion für den Turm nicht mehr ausreichend erfüllen.

 

 

Screenshot aus der Projektseite der Bahn AG

 

Interessanterweise weigert sich die Bahn AG für vergleichsweise wenig Geld Klarheit und Sicherheit zu schaffen, wie es selbst der Stuttgart Oberbürgermeister fordert (Presseerklärung der Stadt Stuttgart [LINK]; Kontext-Wochenzeitung [LINK]). Dabei hat die Bahn AG doch nichts zu verlieren, da sie sicher von Betonpfählen ausgeht - und mittlerweile die Stadt sogar schon davon spricht, die Kosten zu übernehmen.  Die Klarheit über die Gründung des Bahnhofsturms wäre letztendlich sehr projektförderlich, da sie weiter dazu führen würde Planungssicherheit zu gewinnen und viele Kritiker zu überzeugen.

 

Es kann eigentlich nur eine Grund geben dies Untersuchungen zu unterlassen: Die Bahn ist sich selbst nicht sicher und möchte Ihr das Projekt Stuttggart 21 nicht gefährden!

 

 

Dr. (geol.) Ralf Laternser

 

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Dr. Ralf Laternser - Diplom-Geologe - Stuttgart